Vor 22 Jahren feierte der Kreisverband Lahn-Dill der Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sein 50-jähriges Bestehen. Im Rahmen der Feierlichkeiten wurde die Lebensrettungsmedaille der DLRG für Rettung aus höchster Lebensgefahr das letzte Mal im Landkreis verliehen. Auf dem Kreisverbandstag am vergangenen Freitag in der Wetzlarer Stadthalle wurde die Bundesauszeichnung gleich fünf Mal an Mitbürgerinnen verliehen, die durch ihren Einsatz Menschenleben retteten.
Für Siri Metzger (Leun), seit sechs Jahren Vizepräsidentin der DLRG Hessen, und Peter Lippel (Solms), seit 2013 Leiter des DLRG-Kreisverbandes Lahn-Dill, war die Verleihung der Ehrenplakette eine Premiere. „Ich kann mich nicht einmal an eine solche Auszeichnung erinnern“, betonte Lippel, dessen Führungslaufbahn in der DLRG vor einem Vierteljahrhundert begann.
Metzger und Lippel hoben bei der Verleihung vor den Delegierten der sechs dem Kreisverband angehörenden Ortsgruppen (Asslar, Ehringshausen, Hüttenberg, Solms, Waldgirmes und Wetzlar) und Gästen, unter ihnen auch Solms 1. Stadtrat Jörg Leidecker, den Mut und die Entschlossenheit der Lebensretter hervor. „Wir Rettungsschwimmer haben eine Garantenstellung, von uns wird erwartet zu Helfen“, unterstreicht Lippel und bedauert zugleich, dass Nichtstun und Wegsehen sogar im § 323c des Strafgesetzbuches geahndet werden muss, weil Helfen nicht mehr selbstverständlich sei. Die fünf zu Ehrenden haben Zivilcourage bewiesen und ohne lange zu überlegen weit mehr als nur den Notruf zu tätigen und so dem Gesetz gerecht zu werden getan. „Ohne ihren Einsatz wären Menschen gestorben“, bringt es Metzger auf den Punkt.
Die der Schülerinnen der Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar Sophia Mara Dujmovic, Anna May Linnebacher und Celin Jessica Fless befinden sich in Südtirol auf Klassenfahrt. Dank deren Handeln endet der 14. März nicht in einer Tragödie, sondern in einem Happy End. Zu nächtlicher Stunde bemerkt das Trio auf dem Nachhauseweg eine torkelnde Person. Hilfe lehnt der Mann zunächst ab, doch die Mädchen haben kein gutes Gefühl und lassen ihn nicht aus den Augen. Kurze Zeit später rutscht der Mann die Böschung herab und stürzt in den eisigen Fluss Ahr, aus der er sich nicht mehr selbst retten kann. Die drei Mädchen reagieren, wählen den Notruf, begeben sich zu ihm ins Wasser und halten den Kopf des Mannes bis zum Eintreffen der Rettungskräfte über Wasser und retten ihm somit das Leben.
Nur wenige Tage zuvor hatten die Solmserinnen Katharina Schild und Juliane Weber einen vierjährigen Jungen vor dem Ertrinken gerettet. Die beiden Schwestern gehen täglich mit den Hunden spazieren. Entgegen ihren Gewohnheiten machen sie sich am 9. März eine Stunde früher mit Ziel „Oberndorfer Hütte“ auf den Weg. Durch das Gewerbegebiet führt der Solmsbach, der via kleinen Brücken zu überqueren ist. Von einer dieser Brücken aus sehen die beiden „etwas“ im Wasser treiben. Sie erkennen zunächst nicht, dass es sich um einen kleinen Jungen handelt, der unbemerkt sein zu Hause verlassen hatte. Erst als sie Schreie wahrnahmen wird ihnen schlagartig klar, dass ein kleiner Mensch dort gerade um sein Leben kämpft. Die Hunde werden angebunden. Katharina Schild versucht zunächst vergebens ans Wasser zu gelangen – die Böschung zu hoch, die Büsche und Pflanzen zu dicht gewachsen. Juliane Weber versucht Hilfe zu holen, doch an einem Samstagnachmittag arbeitet in dem Gewerbegebiet niemand mehr. Sie eilt wieder ihrer Schwester zur Hilfe, setzt aber noch den Notruf ab. Die Zeit drängt, treibt der kleine Junge auf ein Wehr zu. „Wir mussten den Jungen vor dem Wehr retten“, erinnert sich Schild, die sich kurz vor der nächsten Brücke den Weg an den Bach bahnte und sich ins hüfthohe Wasser begibt, um den Jungen zu erreichen. „Er trieb mit dem Gesicht im Wasser und reagierte beim Ergreifen nicht mehr auf mich“, schildert die Retterin die entscheidenden Sekunden. Schild packte den Jungen und reichte ihn ihrer Schwester die eineinhalb Meter hohe Uferböschung hoch. Sofort wickelten die Solmserinnen den Jungen in die eigenen Jacken und warteten auf die Rettungskräfte. „Glücklicherweise kam der Rettungsdienst nur wenige Augenblicke später und die Sanitäter nahmen uns den stark unterkühlten Jungen ab und brachten ihn in den warmen Rettungswagen“, erinnert sich Weber. Es folgten bange Minuten bis zur Rückmeldung aus dem Rettungswagen, dass es dem Jungen, der nur noch eine Körpertemperatur von 31 Grad hatte, soweit gut ging – Dank dem Handeln der Schwestern. Für das dankte auch Leidecker im Namen der Stadt Solms den Schwestern, der sie zu der Auszeichnung begleitet hatte.
Abschließend brachten die anwesenden Rettungsschwimmer den Ausgezeichneten mit langem Applaus ihre Hochachtung für ihr Handeln zum Ausdruck und Lippel übergab augenzwinkernd zu den Urkunden noch ein DLRG-Handtuch zum Trockenlegen nach der nächsten Rettung.